Astronomen haben mit dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) extrem kleine Galaxien entdeckt, die möglicherweise eine entscheidende Rolle bei der Umwandlung des frühen Universums gespielt haben.
Diese kompakten Himmelskörper könnten durch ihre intensive ultraviolette (UV) Strahlung die sogenannte Ära der Reionisation eingeleitet haben – eine Phase, in der der anfängliche Nebel aus neutralem Wasserstoffgas durch ionisierende Strahlung aufgelöst wurde. Die neuen Forschungsergebnisse wurden am 11. Juni auf der 246. Tagung der American Astronomical Society in Anchorage, Alaska, vorgestellt.
„Diese kleinen Galaxien liefern bei der UV-Strahlung deutlich mehr als man von ihrer Größe erwarten würde“, erklärte Isak Wold, Wissenschaftler an der Catholic University of America und am Goddard Space Flight Center der NASA.
In den ersten rund einer Milliarde Jahre nach dem Urknall war das Universum von neutralem Wasserstoff erfüllt. Die UV-Strahlung der ersten Sterne und Galaxien sorgte in der Reionisations-Ära dafür, dass die Elektronen aus den Wasserstoffatomen herausgelöst wurden. Besonders kleine Galaxien, in denen es zu regelrechten Sternexplosionen – sogenannten „Starbursts“ – kam, könnten einen erheblichen Beitrag zu dieser Entwicklung geleistet haben.
„Galaxien mit geringer Masse ziehen weniger neutralen Wasserstoff an, was es der UV-Strahlung erleichtert, in den intergalaktischen Raum zu entweichen“, sagte James Rhoads, Astrophysiker am NASA Goddard Space Flight Center. „Zudem entstehen bei Starbursts nicht nur große Mengen UV-Licht – diese Ereignisse reißen auch regelrechte Kanäle in das interstellare Medium der Galaxien, durch die das Licht entweichen kann.“
Im Rahmen der neuen Studie suchte das Forschungsteam gezielt nach kleinen, aber produktiven Galaxien aus jener Zeit. Dabei analysierten sie Bildmaterial des JWST von einem Galaxienhaufen namens Abell 2744 – auch bekannt als Pandoras Haufen –, der etwa vier Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt liegt. Dank des Gravitationslinseneffekts, bei dem die gewaltige Masse des Haufens das Licht dahinterliegender Objekte verstärkt, konnten auch extrem lichtschwache und ferne Galaxien sichtbar gemacht werden.
Besonderes Augenmerk legten die Forschenden auf grünliches Licht, das von Sauerstoffatomen stammt, denen zwei Elektronen fehlen. Dieser doppelt ionisierte Sauerstoff deutet auf starke UV-Strahlung in der Umgebung hin, die jene Elektronen entfernt hat – dieselbe Strahlung, die vermutlich auch den kosmischen Wasserstoffnebel ionisierte.
Auf Grundlage dieser Beobachtungen identifizierte das Team insgesamt 83 kleine Starburst-Galaxien. „Diese Galaxien sind so kompakt, dass man zwischen 2.000 und 200.000 von ihnen bräuchte, um die Sternenmasse unserer Milchstraße zu erreichen“, erläuterte Mitautorin Sangeeta Malhotra, Astrophysikerin bei der NASA.
Trotz ihrer geringen Größe erzeugten die entdeckten Galaxien aber enorme Mengen an UV-Licht. Da sie so klein sind, konnte die Strahlung leichter in den Weltraum vordringen. Sollten diese antiken Galaxien mit heutigen Galaxien mit hoher Sternentstehungsrate vergleichbar sein – etwa den sogenannten „Green Pea“-Galaxien – dann könnten sie genügend UV-Strahlung ausgesendet haben, um den neutralen Wasserstoff im frühen Universum vollständig zu ionisieren.
„Unsere Analyse dieser winzigen, aber enorm leistungsfähigen Galaxien ist zehnmal empfindlicher als bisherige Untersuchungen. Die Ergebnisse zeigen, dass sie in ausreichender Zahl vorhanden waren und über genug UV-Energie verfügten, um diese kosmische Umgestaltung voranzutreiben“, so Wold abschließend.